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D. H. Rost (Hrsg.):
Handwörterbuch Pädagogische Psychologie
Beltz-Verlag, Weinheim-Basel-Berlin 2006, 850 S., € 44,90.
ISBN 3-621-27585-1

Wir sind nicht naiv. Wir leben weder im "Zeitalter der Gewalt", noch im "Tal der Glückseligen". Wir wissen auch, dass es in unserer eigenen Geschichte Jahre, ja Jahrzehnte gab, in die man nicht einmal mehr erinnert werden möchte. Und doch haben wir unsere Zweifel, ob wir zufrieden sein können, dürfen, ja sollen oder gar wollen. Denn was uns die Medien tagtäglich ins Haus liefern, zum Sehen (vor allem!), Hören oder Lesen, das spricht eine deutliche, eine bedenkliche Sprache. Letztendlich leben wir also doch in einer gewaltbereiten Phase, um uns herum und ganz offensichtlich auch schon in äußerst verwundbaren Teilbereichen unserer Gesellschaft, beispielsweise der Schule.

Gewiss, uns ist auch der alte Journalisten-Spruch bekannt: "only bad news are good news" (nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten). Und in der Tat, gute Nachrichten werden bald langweilig (auch wenn wir uns das nicht offen eingestehen, geschweige denn gegenüber anderen), schlechte haben dafür ihren "Kick", den wir offensichtlich brauchen, auch wenn wir uns beunruhigt geben (Publikationsorgane, die sich nur verpflichtet sahen positive Informationen weiterzugeben, sind rasch eingegangen - mangels Interessenten). Wir sind also von den Medien und ihrem Informations-Angebot bzw. ihrer -Auswahl abhängig, können das Wenigste nachprüfen, bleiben deshalb durchaus vorsichtig bis skeptisch, was die "wohlfeilen Panik-Nachrichten" anbelangt, geraten aber trotzdem in einen Sog von grübelnder Nachdenklichkeit, Sorgenbereitschaft, Resignation oder gar Furcht ("Diese Welt...", und jetzt vermehrt auch noch die unsere).

Aus der Sicht der Medien-Psychologie wäre dazu viel zu sagen bzw. besser zu lesen (z. B. in dem empfehlenswerten und in dieser Serie schon besprochenen Lehrbuch der Medienpsychologie aus dem Hogrefe-Verlag für Psychologie, 2004). Doch das hilft uns nur bedingt weiter, wenn wir nicht darüber hinaus noch für unsere Bedenken an konkrete Informationen kommen. Doch das ist machbar; man muss sich nur umtun und beispielsweise nicht nur an die Medien halten (die sich allerdings selber nur als "Vergrößerungsglas gesellschaftlicher Strömungen" bezeichnen, von manchen allerdings auch als "Brennglas" bezeichnet), sondern an die Experten, die jeweils dafür zuständigen Spezialisten ihres Faches. Die allerdings sind nicht selten schwierig zu erreichen und halten sich mitunter tatsächlich in einem bisweilen schwer erreichbaren "Elfenbeinturm" auf; vor allem sind sie oft schwer zu verstehen. Und weil sie - notgedrungen - so viel wissen, entbehrt ihre Aussage oft jener wünschenswerten knappen Klarheit, die uns dann auch wirklich weiterhelfen würde (und nicht nur "ja - aber"). Kurz: Wo das Wissen ist, versteht man es oft nicht, und wo man es versteht, ist man sich seiner wissenschaftlichen Seriosität mitunter nicht ganz sicher. Was hilft weiter?

In dieser Serie wird gerne über Wörterbücher, Lexika, Handbücher referiert. Wir halten sie für eine optimale Informationsquelle: Ausreichend, zumindest was den ersten Überblick anbelangt (wer sich vertieft einlesen will, findet zumeist ein- und weiterführende Literaturhinweise). Und fundiert: bekannte Herausgeber, ausgewiesene Experten, renommierte Verlage und ihre Lektoren. Was will man mehr.

Eine solche Wissens-Quelle ist das inzwischen in 3. Auflage erschienene Handwörterbuch Pädagogische Psychologie, herausgegeben von Detlef H. Rost, Marburg, unterstützt durch rund 100 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland: Psychologen, Pädagogen bzw. Erziehungswissenschaftler, Kinder- und Jugendpsychiater, Sozialwissenschaftler u. a.

Einführende Literatur zum Thema

Schubarth, W.: Gewaltprävention in der Schule und Jugendhilfe. Luchterhand-Verlag, Neuwied 2000

Weidner, J. u. Mitarb. (Hrsg.): Gewalt im Griff: Neue Formen des Anti-Aggressivitäts-Trainings. Beltz-Verlag, Weinheim 1997

Weiterführende Literatur zum Thema

Holtappels, H.G. u. Mitarb. (Hrsg.): Forschung über Gewalt an Schulen. Juventa-Verlag, Weinheim 2004

Tillmann, K.J. u. Mitarb.: Schülergewalt als Schulproblem. Juventa-Verlag, Weinheim 1999

Außerdem drei Dutzend Hinweise aus der zitierten Literatur.

Aus diesem empfehlenswerten Handbuch mit seinen Dutzenden von Stichworten von Aggression in der Schule bis zu Zielorientierung nehmen wir ein Kapitel heraus, das - wie oben eingeleitet - uns gerade in letzter Zeit auf den Nägeln brennt (medien-geleitet?), aber auch sonst Sorgen macht, denn die Gewalt nimmt (wieder) zu. Was berichten die Autoren dieses Kapitels, nämlich der Diplom-Psychologe Dr. Ludger Busch vom Schulpsychologischen Dienst eines Staatlichen Schulamtes und der emeritierte Professor Dr. Eberhardt Todt von der Abteilung Pädagogische Psychologie der Universität Gießen über Aggressionen in der Schule - bei uns?

Aggression in der Schule

Unter "aggressiven Verhaltensweisen" versteht man aus der Sicht der Pädagogischen Psychologie solche, die Individuen oder Sachen aktiv und zielgerichtet Schaden zufügen, die sie schwächen oder in Angst versetzen. Dem aggressiven Verhalten von Schülern liegen laut wissenschaftlicher Erfahrung folgende Intentionen (Absichten, Pläne, Tendenzen, Ziele) zugrunde:

- Bei der instinktiven Aggression geht es um die Verteidigung eines Reviers, einer Rangposition oder um Notwehr.

- Bei der Ärger-Aggression wird eine negative Stimmung abreagiert; möglich sind auch Rache bzw. Verteidigung gegenüber einem Provokateur. Aus den zahlreichen Theorien, die hier zur Erklärung herangezogen werden können, sind vor allem die Fehl-Interpretationen des Verhaltens anderer zu nennen ("was haben die vor?"), insbesondere die häufigere Unterstellung feindseliger Absichten. Außerdem das Problem der mangelnden Handlungs-Alternativen ("was soll ich tun?").

- Bei der instrumentellen Aggression geht es beispielsweise um Aufmerksamkeit, Anerkennung und Zuwendung, um Macht oder materielle Vorteile. In der Schule dominieren Macht- und Statusgewinn sowie die Suche nach Zugehörigkeit.

- Schließlich gibt es noch die Aggression als Nervenkitzel oder Selbstzweck, d. h. Lustgewinn aus Streit und/oder sadistischem Verhalten.

Wie steht es nun mit dem Thema

Aggression in der Schule in Deutschland?

Als Erstes eine Entwarnung: Untersucht wird dieses "heiße Thema" seit fast einem Vierteljahrhundert, und zwar immer wieder. Das Ergebnis: Gewalt an den deutschen Schulen ist grundsätzlich kein zentrales Thema. Das irritiert erst einmal, auch wenn es beruhigt. Deshalb die Begründung der Experten aufgrund ihrer Studien:

Zunächst gilt es zu unterscheiden zwischen den statistischen Erkenntnissen aufgrund entsprechend umfangreicher Daten sowie spektakulären Einzelfällen, die natürlich ein ganz anderes Echo auslösen als wissenschaftliche Untersuchungen (Beispiele: Hoyerswerda, Möllen, Rostock, Berlin u. a.). Leider können die vorliegenden Untersuchungsergebnisse aufgrund unterschiedlicher methodischer Zugänge und Zielgruppen nicht direkt miteinander verglichen werden.

Trotzdem bleiben die Wissenschaftler bei ihrer Erkenntnis: Von einer systematischen Veränderung (z. B. Erhöhung der allgemeinen bzw. der extremen Aggression an den Schulen) kann angesichts der bisher vorliegenden Daten nicht gesprochen werden. Nur weil in den Medien bevorzugt extreme Aggressionsfälle berichtet werden, wird der Eindruck erweckt, die Aggression an Schule habe insgesamt zugenommen.

Wie sehen dies die Lehrkräfte?

Trotzdem ist natürlich die aggressions-freie Schule eine Illusion. Es ist auch gar nicht ausgemacht, dass so etwas wünschenswert wäre, sofern es sich nur in tolerablen Grenzen hält. Wie auch immer: Wie sehen die Lehrkräfte das Thema aus ihrer Sicht?

Schwerpunkte aggressiven Verhaltens in der Schule sind verbale und indirekte Aggressionen, z. B. Gerüchte verbreiten, jemand wie Luft behandeln (entspricht dem Mobbing der Erwachsenen - siehe die entsprechenden Beiträge in dieser Serie). Etwa jeder 4. bis fast jeder 2. Lehrer kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen. Körperliche Aggression und vor allem Vandalismus sind hingegen selten (etwa 10 bis 15%). Noch seltener sind schwere Aggressionsformen und Gewaltkriminalität (brutale Schlägereien, Raub und Erpressung).

Die Ursachen aggressiven Verhaltens liegen aus der Sicht der Lehrer überwiegend außerhalb der Schule: familiäre Bedingungen, gesellschaftliche Entwicklung, Medien. Von den Schulen selber sind sie kaum zu beeinflussen.

Auf jeden Fall kommen vergleichende Befragungen von Schulleitern im deutschsprachigen Bereich zu der Erkenntnis, "dass nur an einer Minderheit der Schulen eine größere Gewaltbelastung vorherrscht". Allerdings gibt es starke Unterschiede zwischen den Schulen und auch zwischen den verschiedenen Schulformen.

Aggression an der Schule aus der Sicht der Schüler und Eltern

Schüler beobachten aggressives Verhalten allerdings öfter als die Lehrer. Das ist nachvollziehbar, sie sitzen "dichter drauf". Allerdings sind sie durchaus ähnlicher Meinung.

Vor allem gibt die große Mehrheit der befragten Schüler an, bezüglich verbaler Aggressionen nicht schon einmal Opfer, sondern auch Täter gewesen zu sein. Verbale Aggressionen berichten jedoch deutlich weniger Schülerinnen (bis zu 5%) als Schüler (bis zu 15%). Häufige körperliche Aggressionen geben etwa zwischen 5 und 10% der Jungen sowie 0 bis 3% der Mädchen an. Ernsthafte, bedrohliche körperliche Auseinandersetzungen sind dabei in etwa jedem 10. Fall zu registrieren.

Einige Gewalt-Details in der Schule

- Die meisten der betroffenen Schüler werden in den Pausen und auf dem Schulhof (fast 40%) oder in den Fluren und Klassenräumen (jeder Vierte) verletzt. Nicht zu unterschätzen sind auch die Verletzungen durch aggressives Verhalten im Sportunterricht (ebenfalls jeder Vierte?). Verletzungen auf dem Schulweg sind dagegen selten (10%).

- Aggressives Verhalten von Schülern gegenüber Lehrern kommt kaum vor, abgesehen von Unterrichtsstörungen. Dagegen berichten die Schüler durchaus auch einmal von verbalen Angriffen durch die Lehrer (jeder Dritte?).

- Körperliche Aggressionen sind vor allem bei den jüngeren, verbale Aggressionen und insbesondere Störungen des Unterrichts bei den älteren Schülern zu finden.

- Große Schulen und Stadtschulen sind - nach den bisher vorliegenden Untersuchungen und entgegen der allgemeinen Meinung - nicht häufiger durch aggressives Verhalten belastet als kleinere Schulen und Schulen auf dem Land.

- Schulversagen weist nur bedingt einen Zusammenhang zu aggressivem bzw. sonstigem Fehl-Verhalten auf.

- Kinder von Alleinerziehenden und Kinder aus Stiefeltern-Familien verhalten sich nicht häufiger aggressiv als Kinder aus vollständigen Familien.

- Erhöhte Reizbarkeit sowie die Neigung zu riskanten Aktivitäten fördern offenbar aggressives Verhalten.

Nimmt aggressives Verhalten zu?

Laut Befragungen nimmt aggressives Verhalten offenbar nicht zu. Über den Wert solcher Untersuchungen kann man geteilter Meinung sein. Konkreter sind dafür die Unfallmeldungen von Schulen, insbesondere unter dem Aspekt körperlicher Aggressionen. Der Bundesverband der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand berichtete, dass zwischen 1981 und 1993 die Zahl der gemeldeten Verletzungen durch aggressives Verhalten nahezu konstant geblieben ist (ca. 12 Verletzungen pro 1.000 Schüler pro Jahr). Auch die Schwere der Verletzungen habe sich nicht verändert. Jungen werden allerdings etwa doppelt so häufig verletzt wie Mädchen. Das höchste Verletzungsrisiko tragen die Hauptschulen.

Zur Charakterisierung von Tätern und Opfern

Ein Schwerpunkt (auch in der Forschung) aggressiven Verhaltens in der Schule ist das Bullying, bei Kindern etwa mit Schikanieren, bei Erwachsenen mit Mobbing zu übersetzen. Oder konkret: Wenn eine oder mehrere Personen regelmäßig über einen längeren Zeitraum wiederholt eine bestimmte Person körperlich, verbal und/oder mit Hilfe indirekter Strategien (z. B. Ausschluss aus der Gruppe, Gerüchte verbreiten) angreifen, vor allem weil diese unterlegen ist und sich kaum zur Wehr setzen kann. So etwas kennt jeder. Was weiß man inzwischen über Täter und Opfer?

- Typische Bullying-Täter ("Bullies") zeigen einen generell aggressiven Verhaltensstil, auch gegenüber Eltern und Lehrern. Ihr aggressives Verhalten ist stabil und weder Reaktion (z. B. auf Provokationen) noch Kompensation von Schwäche. Solche Täter sind weniger ängstlich als andere, eher selbstsicher und verfügen über gute verbale Fähigkeiten. Nach außen stellen sie sich stark und selbstbewusst dar, streben nach Dominanz und Überlegenheit und sind auch körperlich stärker als ihre Opfer. Ihre Einstellung zu Aggressionen ist positiv, ihr Mitgefühl gegenüber den Opfern gering. Und was nachdenklich macht:

Diese Täter sind durchaus beliebt in der Klasse; häufig existiert sogar eine kleine Gruppe von ausgewiesenen Bewunderern.

- Dagegen werden die Opfer ("Whippingboys" = Prügelknaben) als ängstlich und unsicher beschrieben. Sie sind (deshalb?) bei Mitschülern auch eher unbeliebt, bewerten sich selber eher negativ und sind körperlich schwächer als die Täter. Interessant: Äußerliche Auffälligkeiten wie Haarfarbe, Brille, Sprache usw., aber auch eine anderen Hautfarbe oder eine andere Nationalität werden zwar benutzt, um ein ausgewähltes Opfer zu schikanieren. Sie sind aber zumeist nicht der eigentliche Grund für die Angriffe.

Was macht die Opfer also angreifbar? Zum einen eine schon mehr oder weniger deutlich vorbestehende Isolation in der Klasse sowie die Neigung zu Unsicherheit, Rückzug und Weinen bei Angriffen. Zwar gibt es auch provokative Opfer, die häufig auch zugleich Täter sind (so genannte Täter-Opfer), die also auf solche Angriffe regelrecht aus sind. Doch das ist selten. Auch die Opfer zeigen - wie die Täter - relativ stabile "Opfer-Eigenschaften", unabhängig von äußeren Faktoren. Als Spätfolgen drohen bei ihnen im Erwachsenenalter allerdings Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle u. a.

- Die psychosoziale Ausgangslage von Schikanieren oder Mobbing scheint das Vorhandensein eines "typischen" Täters plus Opfers zu sein. Der Bully verändert ohnehin den Umgangston, die spielerische und kameradschaftliche Atmosphäre in der Klasse: Alles wird rauer und aggressiver, kleinere Streitereien eskalieren häufiger zu ernsten Auseinandersetzungen. Das ist die Grundlage. Irgendwann aber wird er dann auch noch den typischen Prügelknaben entdecken und sich durch das Anstiften einiger Mitläufer absichern. Im Extremfall sind dann alle gegen das Opfer.

Das droht vor allem dann, wenn in der Klasse keine Gruppennormen gegen Aggression existieren und die Lehrer das aggressive Verhalten (heimlich) dulden. Denn über die Hälfte der Opfer wendet sich weder an Eltern noch an Lehrer.

Dass es übrigens weniger die Schule, mehr die Erziehung der Eltern ist, die eine Entwicklung zum Bully fördert, wird ohnehin unterstellt und lässt sich auch wissenschaftlich bestätigen. Solche Täter entwickeln sich aus Mangel an Wärme, nutzen die Laisser-faire-Haltung der Eltern ("alles durchgehen lassen") und wissen aus eigener Erfahrung, was harte körperliche Strafen sind - ohne daraus lernen zu können.

Die Häufigkeit solcher unglückseligen Konstellationen wurde in verschiedenen Studien untersucht. Zusammenfassend scheinen unter den Jungen rund 10% gefährdet, zum Täter zu werden. Bei den Mädchen ist es etwa ein Drittel davon. Jungen benutzen dabei stärker körperliche, Mädchen dagegen eher indirekte Aggressionsformen, wie das beim Mobbing der Erwachsenen zur Regel wird. Die Zahl der Opfer wird mit etwa 6 bis 7% angegeben, und zwar bei Jungen wie Mädchen gleich.

Vandalismus

Manches hat Tradition, z. B. das Bekritzeln von Tischen. Viele Beschädigungen und Zerstörungen in den Schulen sind auch wohl "nur" auf Unachtsamkeit oder den rohen Umgang mit Einrichtungsgegenständen zurückzuführen, meinen die Experten. Das wäre also "fast der normale Verschleiß...". Absichtliche Beschädigungen sind hingegen selten bei Jungen und fast unbekannt bei Mädchen. Das heißt aber nicht, dass in Einzelfällen eine geradezu "empörende Vandalismus-Welle" vorkommen kann. Dies vor allem dann, wenn sich regelrechte deviante Cliquen bilden, bei denen Vandalismus als Zeitvertreib oder Mutprobe gilt. Eine wirkungsvolle Gegenstrategie ist offenbar die ansprechende Gestaltung von Schulen und insbesondere die Wohnlichkeit der Einrichtung.

Die Eskalation durch gewalt- und zerstörungsbereite Gruppen kann allerdings zu einem großen örtlichen Problem werden, wenn es denn einmal "durchschlägt". Hier gilt es die negativen Aktivitäten im Rahmen von gezielten Freizeitangeboten in das Schulleben zu integrieren.

Was kann man tun?

Voraussetzung für eine wirksame Vorbeugung und Intervention ist die Schaffung des Bewusstseins was Gewalt (in der Schule) anbelangt und das Engagement der gesamten Schule. Konkret: Lehrer und Schüler entwickeln gemeinsam Regeln des sozialen Zusammenlebens. Alle(!) Lehrer greifen konsequent ein, wenn sie Verstöße gegen die gemeinsam erarbeiteten Regeln des Zusammenlebens beobachten. Die Schüler sollen die Lehrer rechtzeitig informieren (ohne dann als "Petzer" diffamiert zu werden). Schule und vor allem Klassenräume und Schulhöfe sollten wohnlicher umgestaltet werden (z. B Gelegenheit für körperliche Aktivität, Diskussions-Ecken u. a.). Wirkungsvoll ist eine Verbesserung der Aufsicht. Und im Unterricht sollte man Frustration und Langeweile zu vermeiden suchen und vor allem Aggression und Gewalt detailliert diskutieren.

Interessant auch die Präventionsprogramme mit Schülern als Mediatoren (Vermittler). Und in der Lehrer-Fortbildung Themen wie Konfliktlösung, Kompetenz im Umgang mit aggressivem Schülerverhalten, Sensibilisierung für Warnsignale u. a. Den Tätern müssen die Folgen für die Opfer verdeutlich werden (Empathie). Auch ist eine Schadens-Wiedergutmachung zu verlangen (Täter-Opfer-Ausgleich). Sinnvoll ist auch ein Kompetenz-Training in puncto Konfliktlösung und Ärgerbewältigung.

Bei den Opfern geht es um die Einrichtung von Notruf-Telefonen, um Maßnahmen zur Integration von Außenseitern (man erinnere sich: am Schluss macht die ganze Klasse mit!) und auch hier um Kompetenz-Training in Sachen Selbstsicherheit, Kontaktaufnahme u. a.

Schlussfolgerung

Ein Lehrbuch und - wegen der notwendigen Verdichtung noch ausgeprägter - ein Lexikon der Psychologie ist nicht immer einfach zu nutzen. Im vorliegenden Falle aber ist dies anders: effizienter. Vielleicht liegt es daran, dass hier zwei Disziplinen zusammenspannen müssen, nämlich Psychologie und Pädagogik. Das führt einerseits zu einem breiteren Interessen-Spektrum, andererseits zu der Notwendigkeit, sich wechselseitig entgegenzukommen, was die fachliche Verständlichkeit anbelangt. Kurz: Dieses Buch lohnt sich. Der Preis ist tragbar, die 3. Auflage innerhalb weniger Jahre spricht für sich (und damit auch für die Aktualität des Gebotenen). Und die naheliegende Frage, ob es auch für Nicht-Pädagogen bzw. -Psychologen hilfreich sei, kann in der überwiegenden Zahl der einzelnen Stichworte bejaht werden. Die "Übersicht" ist solide und wer sich einlesen will, dem steht nach jedem Kapitel ein ausführliches Literatur-Verzeichnis zur Verfügung. Empfehlenswert (VF).

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