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FRAU UND SEELISCHE STÖRUNG (4)

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Kapitel 4: Monatsblutung und psychosoziale Folgen

Prämenstruelles Syndrom - Prämenstruelle dysphorische Störung

Die Monatsblutung ist ein normaler Ablauf im Leben der Frau. Doch bis zu zwei Drittel und mehr klagen über entsprechende seelische und/oder körperliche Störungen bzw. psychosoziale Auswirkungen, die mehr oder weniger regelmäßig vor der Periode einsetzen und mit Beginn der Menses wieder abklingen. Ernster betroffen sind etwa ein Viertel, in extrem starker Form rund 2,5 bis 8 %. Das nennt man dann ein prämenstruelles Syndrom oder - noch beeinträchtigender - eine prämenstruelle dysphorische Störung.

Welche Symptome belasten am meisten, welche seelischen und psychosozialen Ursachen werden zusätzlich diskutiert, wie ist der Heilungsverlauf, gibt es eine erbliche Belastung und vor allem: was kann man tun: Psychotherapie, soziotherapeutische Korrekturen und Hilfen, hormonelle Substitution, Psychopharmaka, Selbst-Management u.a.

Nachfolgend ein etwas ausführlicherer Beitrag zu diesem Thema.


Erwähnte Fachbegriffe:

Monatsblutung - Menarche - Regelblutung - Menses - Periode - Menstruationszyklus - Eisprung - Ovulation - Follikelsprung - prämenstruelles Syndrom - prämenstruelles dysphorisches Syndrom - seelisches/psychosoziales Menstruations-Beschwerdebild - körperliches Menstruations-Beschwerdebild - Dysmenorrhoe - Dysthymie - Depression - Angststörung - Rapid-Cycling - "schnelle Phasenwechsler" - weibliche Sexualhormone - Östrogene - Progesteron - Botenstoffe - Neurotransmitter - erbliche Belastung - Komorbidität - Therapievorschläge - Psychopharmaka - Antidepressiva - selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) - Tranquilizer - Beruhigungsmittel - Psychostimulantien - Weckmittel - Anxiolytika - hormonelle Behandlungsmethoden - psychotherapeutische Unterstützungsmaßnahmen - soziotherapeutische Hilfen - Entspannungsverfahren - Lichttherapie - Psychopharmaka - Gesamt-Behandlungsplan - u.a.

Der Zusammenhang zwischen seelischem Befinden, insbesondere aber bestimmten Störungen und dem Menstruationszyklus, also der Monatsblutung, ist eine alte Erkenntnis. Schon der griechische Arzt Hippokrates erklärte vor rund 2.500 Jahren die Stimmungsschwankungen in Abhängigkeit von der Monatsblutung als Folge eines "verhinderten Abflusses des Menstruationsblutes". Aber erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden menstruationsabhängige seelische Erkrankungen wissenschaftlich exakter erforscht. Im 19. Jahrhundert gingen die Psychiater sogar davon aus, dass rund 10 % aller seelischen Störungen aufgrund organischer Veränderungen (z. B. Herz-Kreislauf, Magen-Darm, Störungen der Gehirnfunktion) bei Frauen mit ihrer Monatsblutung in Verbindung stehen.

Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts erkannte man schließlich den engen Zusammenhang zwischen bestimmten seelischen Symptomen und Veränderungen im sogenannten ovariellen Hormonhaushalt (die Eierstöcke erzeugen beispielsweise die Östrogene, die weiblichen Geschlechtshormone). Im Verlaufe dieser Forschung fand man schließlich heraus, dass depressive und ängstliche Verstimmungen hauptsächlich in der lutealen Phase auftreten, während sich psychisches Wohlbefinden häufiger in der Follikelphase des Menstruationszyklus beobachten lässt (siehe Kasten).

Monatsblutung (Menstruation)

Die Monats- oder Regelblutung, auch Menses oder Periode genannt, ist eine sich regelmäßig etwa alle 28 Tage wiederholende Blutung aus der Gebärmutter (Dauer 3 bis 7 Tage).

Der Menstruationszyklus ist die mit dem 1.Tag der Monatsblutung beginnende, periodisch wiederkehrende Veränderung an Eierstock und Gebärmutterschleimhaut. Die erste Phase ist die Follikelreifungs- bzw. Proliferationsphase (1. bis 12./14. Tag), auf die nach dem Follikelsprung (12. Bis 14. Tag) die Corpus luteum - oder Luteal- bzw. Sekretions- oder Transformationsphase folgt.

Die Follikelphase (Eibläschen-Reifung) ist jener Zeitraum, in der im Eierstock ein oder mehrere Follikel (Eibläschen) heranreifen. Während des Wachstums der Follikel steigt die Produktion des Hormons Östrogen. Danach folgt die sogenannte luteale Phase. Das ist der Zeitraum des Menstruationszyklus nach der Ovulation (Eisprung, "Follikelsprung", d.h. Ausstoßung der reifen Eizelle), die mit der nächsten Zyklusblutung endet (Einzelheiten siehe Fachliteratur).

Beschwerden vor der Menstruation

So unterschiedlich Frauen in Wesensart und körperlichen Aspekten sind, so unterschiedlich können auch eventuelle Beeinträchtigungen im Verlaufe der Periode sein. Etwa zwei Drittel klagen über entsprechende seelische und/oder körperliche Störungen, die mehr oder weniger regelmäßig vor der Monatsblutung einsetzen und mit Regelbeginn wieder abklingen. Ernster betroffen sind etwa Viertel, in extrem starker Form rund 5 bis 8 %.

Die häufigsten seelischen und psychosozialen Beschwernisse sind innere Unruhe und Anspannung, schließlich Ruhelosigkeit, Nervosität, Reizbarkeit, ja Aggressivität; ferner Gemütslabilität, Verstimmungen und Leistungsabfall. Mitunter hört man auch von "dunklen Gedanken" (erhöhte Suizidalität) und Neigung zu abnormen Reaktionen (z. B. Ladendiebstahl oder unkontrollierte Affekthandlungen).

Beim körperlichen Beschwerdebild geht es vor allem um Spannungsgefühle in der Brust, Magen-Darm-Beschwerden, Ödeme (Speicherung von Gewebewasser), Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Kreuz- und Rückenschmerzen, Herzrasen sowie Hautveränderungen.

Während sich diese Form des prämenstruellen Syndroms am ehesten als regelmäßige Befindlichkeitsstörung und damit nicht eigentlich krankhaft darstellt (obgleich es Lebensqualität und Leistungsfähigkeit auch in mittelschwerer und leichter Form beeinträchtigen kann), ist dies bei der sogenannten prämenstruellen dysphorischen Störung anders. Hier wird dieses Leiden inzwischen auch offiziell als Krankheit anerkannt. Das Beschwerdebild spricht für sich:

- Seelische und psychosoziale Störungen: freudlos, resigniert, depressiv, auch ängstlich, hoffnungslos, merk- und konzentrationsgestört, interesselos, bisweilen müde, matt und abgeschlagen sowie leicht erschöpfbar, energielos, ja kraftlos. Nicht selten nicht nur angespannt, sondern auch rasch verängstigt, gereizt und aggressiv. Dadurch vermehrte Leistungseinbußen und vor allem zwischenmenschliche Auseinandersetzungen.

- In körperlicher Hinsicht appetitlos oder Heißhunger, unerklärbare Gier nach bestimmten Lebensmitteln und entsprechende Gewichtszunahme, Schlafstörungen, Berührungsüberempfindlichkeit, Kopfdruck, Gelenk- und Muskelschmerzen, Spannungsgefühle in der Brust, Flüssigkeitsansammlung in den Geweben u.a.

Nachfolgend deshalb eine etwas ausführlichere Darstellung der besonders quälenden Verlaufsform, nämlich des prämenstruellen dysphorischen Syndroms. Eine verkürzte und leichter lesbare Zusammenfassung dieses Phänomens findet sich in der Internet-Serie "seelisch-kranke-unter-uns.de".

Das prämenstruelle dysphorische Syndrom

Obwohl das Beschwerdebild des sogenannten prämenstruellen dysphorischen Syndroms (siehe unten) so alt ist wie die "weibliche" Menschheit, fand es erst Ende des 20. Jahrhunderts Eingang in die psychiatrische Lehre, nämlich in das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM-III) der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (APA). Um was handelt es sich hier?

Eine Aufzählung aller möglichen seelischen, psychosomatisch interpretierbaren und körperlichen Beschwerden sowie psychosozialen Folgen soll ungefähr 150 Symptome umfassen. Dabei gibt es allerdings eine relativ typisches und auch klinisches bedeutsames Symptom-Muster, das vor allem gekennzeichnet ist durch

- traurige Verstimmung (mehr als jede zweite Betroffene)
- Angst (rund jede Dritte)
- Gemütslabilität (etwa jede Vierte).

Vor allem Letzteres äußert sich in plötzlich auftretenden Phasen von Weinerlichkeit, aber auch erhöhter Reizbarkeit (jede zweite Betroffene). Das wiederum führt zu vermehrten zwischenmenschlichen Problemen, insbesondere Konflikten in Partnerschaft und Beruf.

Die depressiven Verstimmungen dagegen äußern sich in der Regel in Selbstvorwürfen oder selbstabwertenden Gedanken bis hin zu einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Die Konsequenz ist - zumindest mittel- bis längerfristig - Rückzug und Isolationsgefahr. Auf jeden Fall lässt das Interesse an normalen Aktivitäten wie Hobby und Beruf deutlich nach. Außerdem wird über Merk- und Konzentrationsstörungen, raschere Ermüdbarkeit und innere Unruhe, Anspannung und Nervosität geklagt.

In schweren Fällen kann es sogar zu "dunklen Gedanken" bis hin zur drohenden Suizidgefahr kommen. Dies vor allem dann, wenn zum prämenstruellen dysphorischen Syndrom noch spezielle oder unspezifische Stress-Situationen kommen.

Eine Veränderung des Appetitverhaltens äußert sich weniger in Form von Appetitlosigkeit (wie bei der Mehrzahl der Depressionen), sondern eher in Form eines Heißhungers auf bestimmte Lebensmittel, wie bei der Winter- oder Lichtmangel-Depression. Dabei gibt es offenbar einen direkten Zusammenhang zwischen der Intensität des Verstimmungszustandes und dem Heißhungergefühl. Allerdings lassen sich Appetitsteigerungen während des Menstruationszyklus auch ohne prämenstruelle Verstimmungen beobachten.

Die vor der Menstruation auftretenden Schlafstörungen können sich sowohl in einem Schlafdefizit (Fachausdruck: Insomnie) als auch in einem Zuviel an Schlafbedarf äußern (Hypersomnie).

In körperlicher Hinsicht sind es vor allem Brust- und Kopfschmerzen (jede Vierte), Ödeme (Flüssigkeitsansammlung in den Geweben) und Magen-Darm-Beschwerden.

Wie teilt man das prämenstruelle dysphorische Syndrom ein?

Kennzeichnend für ein typisches prämenstruelles dysphorisches Syndrom ist weniger das mehr oder weniger charakteristische Beschwerdebild, eher der Verlauf. Entscheidend ist also vor allem das regelmäßige Auftreten der Beschwerden, wenn auch mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad, und zwar in der späten lutealen Phase des Menstruationszyklus, auslaufend mit beginnender Monatsblutung. In der Woche nach der Regelblutung tritt das Beschwerdebild nie auf. Einige Frauen zeigen zwar - untypisch - auch um den Zeitpunkt des Eisprungs (Ovulation) eine ähnliche Belastung, doch dies ist nicht Norm. Vor allem sind die so Betroffenen im Rahmen des Menstruationszyklus dann nur noch eine Woche seelisch beschwerdefrei.

Für die meisten Frauen sind die seelischen Veränderungen nicht so schwerwiegend, dass es ernstere Auswirkungen auf den Alltag und die berufliche Leistungsfähigkeit hat. Deshalb stellt man eine solche Diagnose nur dann, wenn eine deutliche Beeinträchtigung im zwischenmenschlichen und beruflichen Bereich vorliegt. Und vor allem dann, wenn diese Belastungen zumindest während eines Jahres bei den meisten Menstruationszyklen aufgetreten sind. Einheitliche Richtlinien gibt es dazu allerdings (noch) nicht.

Dafür wird in der neuen Fachliteratur (z. B. dem US-amerikanischen Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen - DSM IV (4. Auflage) - wie bereits erwähnt - unterschieden in ein

- prämenstruelles Syndrom (weniger beeinträchtigend)
- ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom (belastender).

Die Entscheidung trifft der Ausprägungsgrad des Leidens und die Häufigkeit. Allerdings gibt es nicht wenige Experten die eine solche Unterscheidung für nicht zweckmäßig erachten, und zwar weder vom Beschwerdebild, noch vom Verlauf, schon gar nicht von der Ursache her.

Was könnte es sonst noch sein?

Differentialdiagnostisch (was könnte es sonst noch sein?) muss man das prämenstruelle dysphorische Syndrom von verschiedenen anderen Leiden abgrenzen. Was gehört dazu?

- Die Dysmenorrhoe (also eine Menstruation mit in der Regel kolikartigen Unterleibsschmerzen, häufig auch mit Allgemeinbeschwerden, Rückenschmerzen u.a.) belastet vor allem durch körperliches Unwohlsein und schmerzhafte Beschwerden, dafür weniger oder gar nicht durch seelische Symptome und ihre psychosozialen Folgen. Außerdem tritt die Dysmenorrhoe nicht vor, sondern während der Monatsblutung auf (Fachausdruck: perimenstruell).

- Von anderen Gemütsstörungen, z. B. der Dysthymie (früher als neurotische Depression bezeichnet) und von der endogenen (biologischen) Depression unterscheidet sich das prämenstruelle dysphorische Syndrom meist durch den Verlauf:

Zwar finden sich Dysthymie und Depression in der späten Lutealphase ebenfalls gehäuft, gehen aber mit dem Beginn der Monatsblutung nicht zurück, sondern bleiben unabhängig davon für Wochen, Monate und mehr bestehen.

Natürlich kann das prämenstruelle Syndrom dann eine solche Gemütsstörung noch erschweren, solange es eben anhält. Das heisst, es kann diese zwei Arten von Depression ausklinken, anstoßen, in ihrem Leidensbild erschweren. Wenn aber die Regel vorbei ist, geht die Depression weiter wie sonst auch. Das ist der Unterschied zum prämenstruellen dysphorischen Syndrom, das nur an diese Zeit gebunden ist.

- Allerdings gibt es eine besondere Form der Depressionen bzw. manisch-depressiven Erkrankungen, die mitunter die Unterscheidung erschwert, nämlich die sogenannten "schnellen Phasenwechsler" (Fachausdruck: rapid-cycling). Solche kurzen, aber häufigen depressiven (manchmal depressiven und nachfolgend manischen) Episoden können, wenn es zeitlich zusammenpasst, durchaus auch den Psychiater erst einmal irritieren. Doch auch hier ist es wieder der Verlauf, der für Klärung sorgt.

- Und schließlich können auch die früher so bezeichneten reaktiven Depressionen (ausgelöst durch ein äußerliches schmerzliches Ereignis, heute als Anpassungsstörungen bezeichnet) zumindest während der prämenstruellen Phase verstärkt werden. Auslöser ist und bleibt aber in der Regel die erwähnte äußerlich nachvollziehbare Belastung (z. B. ein Schicksalsschlag).

- Schließlich können auch bestimmte körperliche Erkrankungen wie Schilddrüsenfunktionsstörung (wahrscheinlich mit am häufigsten), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Asthma, Allergien, Anämien (Blutarmut), Anfalls- und Infektionserkrankungen, die Endometriose (gutartige Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut) sowie bestimmte Tumore zu Stimmungsschwankungen im Zyklusverlauf führen und sie sollten deshalb vorher abgeklärt werden, ehe man die Diagnose eines prämenstruellen Syndroms bzw. einer prämenstruellen dysphorischen Störung stellen darf.

Wie verläuft ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom?

Ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom kann praktisch zu jeder Zeit nach der ersten Monatsblutung (Fachausdruck: Menarche) auftreten. Unterbrochen wird es auf jeden Fall durch eine Schwangerschaft. Während einer Schwangerschaft fühlen sich die meisten Frauen ungewöhnlich gut, zumindest seelisch.

Nach der Geburt allerdings kann es dafür um so kritischer werden, vor allem kurz vor der ersten Monatsblutung danach. Hier drohen dann ggf. gehäuft depressive Zustände.

Heilungsaussichten

Die meisten Frauen kommen mit ihren menstruationsbedingten Beschwerden soweit zurecht. Einer besonderen Behandlung bedarf es nicht. Bei einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom ist dies hingegen anders, wenn es unbehandelt bleibt. Dann kann es nämlich im Verlauf des Lebens an Beschwerlichkeit zunehmen. Allerdings ist die Intensität des Leidens oft von Zyklus zu Zyklus unterschiedlich. Das verwundbarste Alter, ein solches Beschwerdebild zu entwickeln, liegt offenbar zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr.

Schon aus diesem Grund sind die Frauen, die schließlich eine Behandlung in Anspruch nehmen, zumeist zwischen 30 und 40 Jahre alt. Nach dem 45. Lebensjahr gehen die Beschwerden in der Regel wieder zurück.

Nach der Menopause (dem Abklingen der Monatsblutung) sind sie kein Thema mehr. Das Gleiche gilt natürlich auch für die operative Entfernung der Gebärmutter (Fachausdruck: Hysterektomie). Kurioserweise wurden aber auch Fälle bekannt, bei denen nach Entfernung der Eierstöcke (Fachausdruck. Ovarektomie) das Beschwerdebild anhielt, obgleich von dort ja die hormonelle Steuerung ausgeht. Die Ursache ist unklar (seelisch bedingt = psychogen?).

Wie häufig ist ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom?

So häufig entsprechende Beschwerden auch sind, exakte Daten liegen bisher nicht vor. Warum? An Studien mangelt es nicht, aber an einer einheitlichen Definitionen, was man weltweit unter einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom zu verstehen hat.

Trotzdem lässt sich in etwa sagen: Selbst der Extremzustand eines prämenstruellen dysphorischen Syndroms ist im Vergleich zu allen anderen seelischen Störungen ziemlich häufig: Etwa 40 bis 73 % aller Frauen sollen vor der Monatsblutung unter Verstimmungszuständen leiden; die Mehrzahl allerdings nicht so, dass sie sich in ihrem Alltagsleben stark beeinträchtigt sieht. Die meisten sehen das als gleichsam "normale Befindlichkeitsveränderungen" an. Mehr als ein Viertel aller Frauen sind aber doch so beeinträchtigt, dass sie sich deutlich behindert fühlen. 5 bis 8 % suchen einen Arzt auf. Etwa 2 % sind vor der Monatsblutung nicht arbeitsfähig.

Wie erklärt man sich ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom?

Die Ursachen eines prämenstruellen dysphorischen Syndroms sind mehrschichtig, wie zu erwarten. Die Grundlage aber ist biologischer Natur. Dabei gibt es natürlich individuelle Schwerpunkte. Im Einzelnen:

So fand man beispielsweise einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der menstruellen Blutung bzw. den vor und während der Monatsblutung auftretenden Schmerzen und auch prämenstruellen Verstimmungszuständen: Je ausgeprägter das Eine, desto beeinträchtigender das Andere.

Interessant ist auch die Erkenntnis, dass die weiblichen Sexualhormone, die Östrogene, die Konzentration bestimmter Botenstoffe im Gehirn erhöhen sollen, vor allem den Neurotransmitter Serotonin, der auch für die Gemütslage zuständig ist. Deshalb diskutiert man bei den Östrogenen auch eine antidepressive Wirkung.

Auch für das Progesteron nimmt man eine Beeinflussung solcher Botenstoffe an. Es soll möglicherweise ebenfalls antidepressiv wirken.

Zumindest theoretisch kann man damit zu dem Schluss kommen, dass die höheren Konzentrationen von Östrogenen und Progesteron in der Follikelphase des Menstruationszyklus ("Eisprung") stimmungsstabilisierend wirken. In der späten Lutealphase mit den entsprechend niedrigeren Hormonkonzentration fällt dagegen dieser Schutzfaktor weg.

Allerdings lässt sich damit immer noch nicht erklären, warum die eine Frau mit Niedergeschlagenheit und Ängsten reagiert und die andere nicht, obgleich bei beiden die Hormonkonzentration abfällt. Auf jeden Fall lässt sich nicht für alle Frauen sagen, dass sich hier überall die gleichen erhöhten oder erniedrigten Werte mit überall den gleichen seelischen Konsequenzen abzeichnen. Außerdem werden noch weitere biologische Einflussfaktoren diskutiert. Beispiele (ohne weitere Erläuterung): Corpus luteum-Insuffizienz, erniedrigter Melatoninspiegel, veränderte Schilddrüsenhormonwerte u. a.

Seelische und psychosoziale Einflussfaktoren

Gerade ein Beschwerdebild mit überwiegend seelischen und psychosozialen Beschwernissen bietet natürlich mannigfaltige Erklärungsversuche auf psychologischer Ebene, auch wenn es sich letztlich um ein biologisches Geschehen handelt. Offenbar gibt es aber keine schlüssigen Hinweise darauf, dass ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom durch irgendwelche psychologischen Faktoren ausgelöst wird.

Vor allem lässt sich psychoanalytisch kaum schlüssig beweisen, selbst bei unterdrückten Konflikten im Rahmen des weiblichen Rollenverständnisses, warum sich das Ganze immer nur so kurz und geballt abspielen soll, zuvor und danach aber keine psychologische Bedeutung mehr zu haben scheint.

Das Gleiche gilt für die Frage: fertil oder infertil (fruchtbar oder nicht). Außerdem fand sich bisher kein spezifischer Persönlichkeitstypus oder gar eine entsprechende neurotische oder Persönlichkeitsstörung, die man mit dem prämenstruellen dysphorischen Syndrom in Verbindung bringen könnte.

Deshalb wurden auch weitere Beeinflussungsfaktoren untersucht, nämlich Lebensalter, soziale Schicht, Schulbildung, Art der Berufstätigkeit, Geburtserfahrung u. a. Schlüssige Erkenntnisse daraus ließen sich nicht gewinnen. Das Gleiche gilt für eine sehr differenzierte Fragestellungen, nämlich ob beispielsweise der Grad der "Ärger-Bewältigung" eine Rolle spielt (Beispiel: wer sich schneller und ausgeprägter ärgert, reagiert auch eher mit einen prämenstruellen dysphorischen Syndrom?). Alle Untersuchungs-Ergebnisse lassen aber bisher keine Schlussfolgerungen zu, die für Diagnose und Therapie von Bedeutung wären.

Dagegen erschweren sowohl objektiv als auch subjektiv erhöhte Belastungsfaktoren ein solches Leidensbild nicht unerheblich, je nach individueller Einstellung. Dazu gehören berufliche und private Doppelbelastung, die Neigung zu funktionellen oder Befindlichkeitsstörungen (heute als Somatisierungsstörung bezeichnet), eine negativ empfundene erste Monatsblutung (Menarche) und überhaupt eine negative Einstellung zur Menstruation. Und natürlich kann die Neigung zu depressiven und ängstlichen Verstimmungen ein biologisches Beschwerdebild wie das prämenstruelle dysphorische Syndrom noch verstärken.

Damit lässt sich die Frage der biologischen bzw. psychologischen Ursachen-Anteile letztlich wie folgt zusammenfassen:

Das prämenstruelle dysphorische Syndrom bleibt ein biologisches Ereignis, das vor allem endokrin (von "inneren Drüsen") gesteuert wird. Psychologisch nachvollziehbare Zusatzbelastungen sind aber in der Ursachen-Verkettung ein wichtiger Aspekt, der dann auch psychotherapeutisch berücksichtigt werden sollte.

Erbliche Belastung?

Genetische Aspekte, also erbliche Belastungsfaktoren scheinen beim prämenstruellen dysphorischen Syndrom eine nicht geringe Bedeutung zu haben: 70 % aller Töchter von Patientinnen mit einem solchen Beschwerdebild sollen ebenfalls daran leiden.

Auch Zwillingsuntersuchungen weisen in diese Richtung: Eineiige Zwillinge leiden zu 93 % gemeinsam, zweieiige immerhin zu 44 % (gegenüber 31 % unter den anderen Geschwistern).

Auch wenn man solche Untersuchungen nicht überbewerten sollte, so scheinen doch genetische Faktoren nicht vernachlässigbar.

Was kann alles zusammen auftreten?

Entweder man hat früher weniger darauf geachtet oder es entwickelt sich eine Situation, die immer häufiger zu werden droht, nämlich das gleichzeitige Auftreten von zwei oder mehreren Leiden zusammen (Fachausdruck: Komorbidität).

Inwieweit ein prämenstruelles dysphorisches Syndrom auch mit anderen Gemütserkrankungen zusammen auftreten kann, z. B. mit einer (endogenen) Depression, wird in Fachkreisen unterschiedlich bewertet. Was halbwegs deutlich wird ist die Erkenntnis, dass Patientinnen mit einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom eher in Gefahr sind, später eine sogenannte postpartale Depression (nach der Geburt ausbrechend) zu erleiden.

Dass sich bereits vorbestehende (endogene) Depressionen vor der Monatsblutung verschlechtern und sich Klinikeinweisungen und sogar Suizidversuche während dieser Zeit häufen, ist eine alte Erkenntnis. Ob sich damit ein ursächlicher Zusammenhang konstruieren lässt, ist bisher nicht befriedigend geklärt.

Immerhin zeigt eine nicht geringe Zahl von Untersuchungen eine erhöhte Gefährdung für endogene Depressionen bei Verwandten 1. Grades von Frauen, die an einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom leiden. Auch die Familien-Anamnese (Eltern, Großeltern und nähere Verwandte) ist bei Patientinnen mit einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom nicht unergiebig, was weitere seelische Störungen anbelangt.

Offensichtlich handelt es sich hier zumindest um eine vererbte "seelische Schwachstelle", bei der weitere psychische Störungen nicht auszuschließen sind (Fachausdruck: verstärkte Vulnerabilität).

Selten und beunruhigend: die Menstruation-Psychose

Eine Psychose ist eine Geisteskrankheit, meist endogen ("von innen", also biologisch ausgelöst) wie eine schizophrene Psychose. Sie kann aber auch organische Ursachen haben: Entzündung, Schädel-Hirn-Unfall, Vergiftung u.a.

Auch im Rahmen einer Monatsblutung kann es zu einer Psychose kommen, wenngleich selten.

Charakteristisch sind Wahnzustände, Sinnestäuschungen, Verwirrtheit, Stupor (seelisch-körperliche Erstarrung) und sogar Mutismus (Sprachlosigkeit). Mitunter auch ein manisches Syndrom, d.h. eine krankhafte Hochstimmung.

Typisch ist das plötzliche Auftreten, und zwar meist aus normaler Befindlichkeit heraus, ferner die kurze Dauer und - glücklicherweise - die vollständige Genesung.

Entscheidend ist vor allem der Zeitpunkt, nämlich im Rhythmus des Menstruationszyklus. Wissenschaftlich lassen sich verschiedene Formen unterscheiden, meist nach dem Zeitpunkt des Auftretens. Die Ursachen sind unbekannt. Die Therapie ist schwierig, wobei man aber glücklicherweise nur selten eingreifen muss (und dann meist kurzfristig mit antipsychotisch wirkenden Neuroleptika).

Was kann man tun?

Die Bedeutung des prämenstruellen dysphorischen Syndroms wird vor allem dadurch deutlich, dass sich bisher mehr als ein halbes Hundert Behandlungsmethoden anbieten. Sie reichen von psychotherapeutischen Verfahren über medikamentöse bis hin zu hormonellen Maßnahmen oder sogar chirurgischen Eingriffen.

Am meisten und wohl auch am besten untersucht sind die hormonellen und psychopharmakologischen Therapieverfahren. Was heißt das?

Therapie mit Psychopharmaka

Bei der Therapie mit Psychopharmaka, also Arzneimitteln mit Wirkung auf das Zentrale Nervensystem und damit Seelenleben zeichnen sich folgende Therapie-Strategien ab:

Am häufigsten werden stimmungsaufhellende Antidepressiva eingesetzt, früher die ältere Generation der trizyklischen Antidepressiva, heute die modernen selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Ferner die antidepressiv wirkenden Monoamino-Oxidase-Hemmer, (vor allem einen neueren MAO-A-Hemmer). Dazu (insbesondere früher) Psychostimulanzien (aktivierende Weckmittel). Schließlich unverändert häufig Tranquilizer oder Anxiolytika, entweder vom Typ der Benzodiazepine (wie die meisten Beruhigungsmittel und viele (frühere) Schlafmittel), oder auch andere angstlösende Substanzen. Zuletzt sogar Rezidiv-Prophylaktika wie beispielsweise die Lithiumsalze (zur Rückfallverhütung von manisch-depressiven oder auch nur depressiven Zuständen), was allerdings umstritten ist.

Einzelheiten würden in diesem Rahmen zu weit führen, doch sei immerhin auf einige Aspekte hingewiesen:

= Die ältere Generation der trizyklischen (und auch sogenannten tetrazyklischen) Antidepressiva hatte zu ihrer Zeit sicher ihre Bedeutung, wenngleich die Nebenwirkungen dem Erfolg enge Grenze setzen. Dazu muss man wissen, dass Patientinnen (und natürlich auch männliche Patienten) mit einer schweren (endogenen) Depression und einem ungleich höheren Leidensdruck entsprechende Nebenwirkungen eher tolerieren als solche mit einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom. So gesehen sind die älteren Antidepressiva heute nicht mehr erste Wahl.

= Diese Position nehmen inzwischen die sogenannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer ein, die derzeit am häufigsten bei Patientinnen mit einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom verordnet werden - sofern Medikamente sein müssen. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich auch am besten belegt. Dies leuchtet ein, zumal der Botenstoff (Neurotransmitter) Serotonin, dessen Aktivitäten sie im Gehirnstoffwechsel anregen sollen, im emotionalen (also Gemüts-) Bereich eine wichtige Rolle spielt. Beispiele: Fluoxetin, Sertralin, Paroxetin, Fluvoxamin und Citalopram. Ihr Wirkeffekt erstreckt sich sowohl auf seelische als auch körperliche Symptome, und zwar im wesentlichen für alle Substanzen gleich.

Eine wichtige Frage lautet: Soll man diese Antidepressiva nur während der Lutealphase einnehmen, wo es den Patientinnen also schlecht geht - oder während des gesamten Menstruationszyklus? Manche Ärzte lassen diese Antidepressiva sogar zwei bis drei Monate "durchlaufen", in der Hoffnung, damit das Beschwerdebild auch in den kommenden Monaten einigermaßen gemildert zu haben (was mitunter auch gelingt). Andere legen die Einnahmezeit sogar auf ein halbes Jahr und mehr aus, dann aber gleichsam "unterdosiert", denn auch hier gilt die alte Erkenntnis: "Keine Wirkung ohne Nebenwirkungen" (siehe unten).

Am häufigsten aber praktiziert man natürlich die kürzeren Behandlungsphasen. Dabei scheint die kürzeste, also nur während der Lutealphase (Fachausdruck: intermittierende Therapie) der längeren während der ganzen Monatsblutung unterlegen zu sein. Besonders die körperlichen Beschwerden eines prämenstruellen dysphorischen Syndroms (Brustschwellung, Magen-Darm-Beschwerden) lassen sich während der längeren Behandlung über die gesamte Monatsblutung hinweg offenbar günstiger beeinflussen.

Ähnlich günstig bzw. erträglicher ist auch die Nebenwirkungsbelastung der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Nebenwirkungsfrei aber sind sie natürlich nicht, selbst wenn man deutlich geringer dosiert als für eine Depression notwendig. Am häufigsten klagen die - bekanntlich ja ohnehin etwas empfindlicheren - Patientinnen mit einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom über Schlaf- und sexuelle Empfindungsstörungen, aber auch Müdigkeit, Mundtrockenheit, Übelkeit und Schweißausbrüche. Vor allem die ohnehin in diesem Zusammenhang nicht seltenen Symptome Libidoverlust oder gar Anorgasmie (Unmöglichkeit, einen Orgasmus zu empfinden) können durch die selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sogar verstärkt werden.

= Angesichts der zahlreichen seelischen Symptome eines prämenstruellen dysphorischen Syndroms mit innerer Unruhe, Nervosität, Anspannung u. a. kann es nicht verwundern, dass auch Tranquilizer (Beruhigungsmittel) versucht und durchaus empfohlen werden, mit aller gebotenen Vorsicht. Eine Substanz, über die es inzwischen gut belegte Therapieerfolge gibt, ist das sowohl angstlösende als auch beruhigende Alprazolam. Eingenommen wird es etwa 6 bis 14 Tage vor der Menstruation, langsam ausgeschlichen beim Einsetzen der Regelblutung.

Die Suchtgefahr ist zwar bei dieser Substanz nicht zu unterschätzen, scheint sich aber in Grenzen zu halten, wenn die Behandlung ärztlich kontrolliert, zeitlich begrenzt und das Medikament so gering wie möglich dosiert wird. Ganz auszuschließen ist sie aber auch dadurch nicht (wie übrigens bei allen anderen Benzodiazepin-Substanzen auch, wovon inzwischen Dutzende zur Verfügung stehen).

Zumindest ein Teil der Symptome eines prämenstruellen dysphorischen Syndrom lässt sich aber offensichtlich gut durch solche Benzodiazepin-Substanzen mildern. Beim Absetzen jedoch vorsicht: Nicht schlagartig weglassen, sondern über einige Zeit "ausschleichen", sonst drohen herbe Entzugs-Symptome (die sich auch so nicht ganz vermeiden lassen dürften).

- Im Rahmen der Versuche, möglichst viel Erfahrungen zu sammeln, wurde in den USA und in Großbritannien auch ein aktivierendes Psychostimulanz (Weckmittel) geprüft, das allerdings in Deutschland nicht verfügbar ist und deshalb nur der Vollständigkeit halber angeführt wird. Die Gründe sind nachvollziehbar: Müdigkeit, Mattigkeit, Schwunglosigkeit, rasche Ermüdbarkeit, Merk- und Konzentrationsstörungen u.a. Solche - zugegebenermaßen lästigen - Beeinträchtigungen aber mit einem aufputschenden Pharmakon überwinden zu wollen, ist riskant und führt in jedem Falle in eine Sackgasse. Schließlich wird der Betroffene dadurch nur "ausgelaugt" und nicht "aufgebaut", wie das bei obigen Antidepressiva der Fall ist.

Deshalb sind die Psychostimulanzien oder Weckmittel nur noch selten im Einsatz, am ehesten derzeit beim "Zappelphilipp" im Kindesalter, heute als Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bezeichnet. Für die entsprechenden Symptome eines prämenstruellen dysphorischen Syndroms erscheinen sie zu riskant. Jedenfalls dürfte sie kein Arzt ohne Bedenken verordnen, obgleich nicht wenige Patientinnen immer wieder auf eine "medikamentöse Aktivierung" zu sprechen kommen.

- Schließlich sei noch auf die Substanz Buspiron hingewiesen, ein nicht süchtig machendes Anxiolytikum, also angstlösendes Präparat, dem vor allem bei längerfristiger Anwendung eine gute Wirkung nachgesagt wird. Theoretisch wäre Buspiron vor allem bei der missgestimmt-ängstlichen Komponente eines prämenstruellen dysphorischen Syndroms sinnvoll.

Allerdings braucht dieses Präparat eine gewisse Anlaufzeit, was bei der zu erwartenden kurzfristigen Indikation nicht ohne Nachteile ist. Immerhin wird es vor allem im angelsächsischen Bereich nicht selten verordnet, meist während der 12 Tage vor der Menstruation. Die kurze Halbwertszeit (relativ schnell wieder aus dem Organismus ausgeschieden) lässt es jedenfalls gut steuerbar erscheinen.

Hormonelle Behandlungsmethoden

Die hormonellen Behandlungsmethoden des prämenstruellen dysphorischen Syndroms werden in diesem Zusammenhang nur gestreift. Einzelheiten siehe die entsprechende Fachliteratur, was Progesteron, die Gestagen-Östrogen-Kombination (auch durch die "Pille" oder eine perkutane Applikation über die Haut) anbelangt.

Offenbar hat man bei diesen Behandlungsverfahren mehr Erfolge was die körperlichen Symptome anbelangt, weniger die seelischen und psychosozialen. Doch auch hier gibt es unterschiedliche Untersuchungsergebnisse.

Lichttherapie?

Interessanterweise wird beim prämenstruellen dysphorischen Syndrom immer häufiger auch die Lichttherapie ins Gespräch gebracht. Eigentlich ist ihre wichtigste Heilanzeige die sogenannte Winter- oder Lichtmangel-Depression sowie die (endogenen) Depressionen als zusätzliche Behandlungsmaßnahme.

Die Therapie besteht in einer Verlängerung der täglichen Lichteinwirkung mittels künstlichen Lichtes, das der spektralen Zusammensetzung des natürlichen Sonnenlichtes angepasst ist und eine mindestens zehn-fache Intensität normaler Zimmerbeleuchtung aufweist. Das Licht dieser speziellen Leuchtgeräte muss allerdings die Netzhaut erreichen, weshalb Bräunungsapparate bei abgedeckten Augen erfolglos sind.

Beim prämenstruellen dysphorischen Syndrom soll sie nach Ansicht einiger Untersucher zumindest zu einer Milderung des Beschwerdebildes generell beitragen.

Dabei sollte allerdings auch die alte Erkenntnis ins Gedächtnis zurückgerufen werden, dass ein mindestens einstündiger "Gesundmarsch" bei Tageslicht das gleiche oder gar mehr zu leisten vermag. Denn selbst ein bedeckter Himmel weist mehr Helligkeit auf als die künstliche Lichttherapie zu erreichen vermag. Wichtig ist vor allem die regelmäßige Anwendung, und zwar gleichgültig ob Natur- oder Kunstlicht.

Psychotherapeutische Unterstützungsmaßnahmen

Nicht zu unterschätzen sind die sogenannten supportiven (stützenden) psychotherapeutischen Maßnahmen, vor allem gesprächspsychotherapeutisch orientiert. Hilfe erwartet sich die Patientin hier vor allem angesichts zwischenmenschlicher Belastungen und psychosozialer Konsequenzen, insbesondere was Partnerschaft und Sexualleben betrifft. Auch die Gruppentherapie wird von einigen Therapeuten empfohlen.

Weitere Behandlungsaspekte

Am günstigsten - und das betrifft alle seelischen Störungen - dürfte aber auch hier ein sogenannter Gesamt-Behandlungsplan sein, der aus mehreren Therapiesäulen besteht: Pharmakotherapie, ggf. hormonelle Behandlungsversuche, psychotherapeutische Maßnahmen und soziotherapeutische Hilfen und Korrekturen (partnerschaftlich, familiär, beruflich, nachbarschaftlich).

Und hier sei vor allem auf das sogenannte Selbst-Management verwiesen, also alle Selbst-Behandlungsstrategien, die sich auf diesem Gebiet als nützlich herausgestellt haben: Entspannungsverfahren, tägliche körperliche Aktivität (siehe oben), und auch die seit Jahrtausenden praktizierten halblauten Selbstgespräche im virtuellen Dialog oder Trialog (Fachbegriff: Soliloqui).

LITERATUR

Seelische und körperliche Beschwerden während der Monatsblutung sind ein altes Problem und deshalb - siehe Einleitung - seit Jahrtausenden beschrieben. Entsprechend umfangreich ist die Literatur, und zwar sowohl was Fachpublikationen als auch allgemein verständliche Informationen anbelangt.

Grundlage vorliegenden Beitrags ist das Kapitel

Brockington, I. F., M. Lanczik: Psychiatrische Erkrankungen bei Frauen. Teil 1: Psychiatrie der Menstruation. In: A. Helmchen u. Mitarb. (Hrsg.): Psychiatrie der Gegenwart. Bd. 3: Psychiatrie spezieller Lebenssituationen. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 2000

Ausserdem die neueren Sammelbände mit den entsprechenden Kapiteln und Literaturhinweisen:

Riecher-Rössler, A., A. Rohde (Hrsg.): Psychische Erkrankungen bei Frauen. Für eine geschlechtersensible Psychiatrie und Psychotherapie. Karger-Verlag, Basel-Freiburg 2001

Rohde, A., A. Riecher-Rössler (Hrsg.): Psychische Erkrankungen bei Frauen. Psychiatrie und Psychosomatik in der Gynäkologie. S. Roderer-Verlag, Regensburg 2001

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).