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H.-W. Wahl, Vera Heyl:
Gerontologie – Einführung und Geschichte
Kohlhammer-Verlag, Stuttgart-New York 2004. 248 S., zahlreiche Abb. u. Tab. kart. € 17,00.
ISBN 3-17-017582-3

T. Wetterling:
Gerontopsychiatrie
Ein Leitfaden für Diagnostik und Therapie
Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 2001. 196 S., zahlreiche Abb. u. Tag. € 39,95
ISBN 3-540-67473-X

Gerontologie und Gerontopsychiatrie – die Fächer der Zukunft? An der Alternsforschung generell und nicht zuletzt mit Schwerpunkt auf seelische Störungen wird man wohl schon rein statistisch nicht vorbeikommen, teils finanziell (wer soll das zukünftig bezahlen?), teils personell (wer soll die zukünftige Pflege leisten?) und nicht zuletzt qualitativ (wer bestimmt die „richtige„ Pflegequalität?). Warum? Derzeit liegt die Lebenserwartung bei 75 (Männer) bzw. 81 (Frauen) Jahren, wobei sich die leichten Unterschiede in den neuen und alten Bundesländern immer mehr angleichen (dafür in anderen Nationen zwischen den Bevölkerungsgruppen zum Teil erheblich unterscheiden, z. B. in den USA).

Auf jeden Fall ist der Anteil der über 65-Jährigen seit Beginn des 20. Jahrhunderts von unter 7% auf inzwischen 16% gestiegen. Im Jahre 2020 (und das ist nicht mehr lange hin) werden mehr als 28% über 60, rund 6% über 80 und 1% über 90 Jahre alt sein. 30 Jahre später wird sich das fast verdoppelt haben (wenn die Vorhersagen Recht behalten). Werden dann die „Alterns-Wissenschaften„ und schließlich Anti Aging-Empfehlungen im Zentrum unserer Interessen stehen? Wenn ja, dann muss man sich informieren. Dazu gehören die Medien (einschließlich Internet) für den schnellen Zugriff und gute Bücher für die vertiefe Information. Zwei davon empfehlen sich:

  • Die Gerontologie – Einführung und Geschichte von Professor Dr. H.-W. Wahl, Psychologe und Gerontologe, Leiter der Abteilung „Soziale und Ökologische Gerontologie„ am Deutschen Zentrum für Alternsforschung der Universität Heidelberg und von seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Diplom-Psychologin Vera Heyl ist eine zwar stellenweise etwas „dicht„ zu lesende, aber dafür informative Einführung in die Themen Altern, Alter und Alternsforschung: Grundfragen, Definitionen, Untergliederungen, Geschichte, Theorien und Methoden, wissenschaftliche Erkenntnisse (geistige Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden, soziale Beziehungen, Netzwerke, Kontakte, vor allem aber auch präventive Möglichkeiten und Zukunftsaspekte). Dieser Band will ein „lehrbuchartiger Kurzreiseführer„ sein und das ist in der Tat gut beschrieben: Die Lehrbuch-Basis lässt sich nicht verleugnen, aber die lebendige Beschreibung macht es wieder zu einer stellenweise flotten Lektüre. Eine offenbar gute Team-Arbeit. Eine preisgünstige und hilfreiche Informationsquelle.
  • Nun ist es nicht jedem gegeben, den tröstlichen Satz von Solon dem Weisen in den letzten Jahren seines Lebens in die Tat umzusetzen:
„Ich altere wohl, aber täglich lerne ich etwas dazu„.

Für viele und offenbar immer mehr endet es nämlich in einer alters-psychischen Krankheit: Gedächtnisstörungen, Verwirrtheitszustände, intellektueller Abbau, Depressionen, Wahn und Halluzinationen, Persönlichkeitsveränderungen und Verhaltensauffälligkeiten. Das ist dann weit weniger erbaulich, und zwar nicht nur für den Betroffenen, auch für sein Umfeld. Es ist aber auch in vielen Fällen und verstärkt durch die wachsenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten unserer Zeit eindrucksvoll zu mildern, wenngleich nicht immer zu verhindern. Doch auch hier gilt: Wissen ist Macht, und zwar Macht zu helfen.

Dafür gibt es inzwischen eine wachsende Zahl von erfreulichen Fachbüchern und – das ist nicht unwichtig – auch Experten, die darüber so zu schreiben verstehen, dass man die gewonnenen Erkenntnisse auch leichter und vor allem rechtzeitig umzusetzen vermag. Der Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut sowie Diplom-Chemiker Dr. E. Wetterling, Professor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Frankfurt gehört dazu. Er hat schon einige Bücher verfasst, die im deutschsprachigen Bereich nicht allzu viel Konkurrenz haben (z. B. Organische psychische Störungen – Hirnorganische Psychosyndrome im Steinkopff-Verlag, Darmstadt 2002).

Jetzt stellt er seine Gerontopsychiatrie vor, einen Leitfaden für Diagnostik und Therapie. Wieder ein alltags-relevantes Fachbuch in komprimierter Ausführung, gut gegliedert, von einem immensen Literaturverzeichnis und hilfreichen Sachverzeichnis unterstützt. Eine Fleißarbeit zu den Themen: Diagnostische Verfahren (Screening, klinische Untersuchung, neuropsychologische Tests, elektrophysiologische, bildgebende und laborchemische Methoden). Dann die typischen gerontopsychiatrischen Krankheitsbilder: Amnesie, Delir, Demenz, Depressionen, Schizophrenie und andere Wahnerkrankungen, neurotische, insbesondere Angststörungen, Suchterkrankungen. Dazu detailliert entsprechende Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen, Antriebssteigerung bzw. -minderung, Affektlabilität, Reizbarkeit, veränderte Nahrungsaufnahme, Schlafstörungen, Gang- und andere Bewegungsstörungen. Zuletzt Grundlagen der Therapie (einschließlich Hilfen für Angehörige) und rechtliche Aspekte (Betreuungsgesetz, Straf- und Zivilrecht, Sozialrecht mit Pflegeversicherung). Ein kurzer, aber nützlicher Medikamenten-Anhang sowie die wichtigsten Adressen von Senioren-Organisationen, Alzheimer-Gesellschaften, Hirn- und Schlafanfall-Liga, Parkinsonvereinigungen, Kuratorien für Altershilfe, Kontakt- und Informationsstellen, Selbsthilfegruppen und Internet-Angebote.

Kurz: Zwei Bücher, die man sich gönnen sollte. Wenn wir uns ein „drittes Lebensalter„ so verträglich wie möglich wünschen, da müssen wir auch etwas dafür tun. Und um uns zu wiederholen: Wissen ist Macht…(VF).

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).