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PHOBIEN: ZWANGSBEFÜRCHTUNGEN IM ALLTAG (Kurzfassung)

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"Ich bekomme Panik in Menschenansammlungen". "Meine Tochter hat eine Spinnenfurcht". "Ich kann kein Flugzeug mehr betreten". "Mein Arzt sagt: Sie haben nichts, das ist nur psychisch". Diese und andere Fragen belasten den Alltag - meist heimlich. Denn man schämt sich und weiß keinen Rat.

Was sind das eigentlich, Phobien? Ständig hört man davon, offenbar trifft es viel mehr Menschen als allgemein bekannt. Und es beeinträchtigt, belastet, beschämt, behindert, quält oder ruiniert gar den ganzen Lebensbezug. Was kann man dagegen tun?

Phobien sind zwanghafte Befürchtungen. Sie drängen sich den Betroffenen angesichts bestimmter Situationen, Personen, Objekte, Tiere usw. auf, die für andere meist unauffällig, harmlos, selbstverständlich, jedenfalls nicht zu fürchten sind. Das aber macht sie so unangenehm: Einerseits eine Zwangsbefürchtung, die das Opfer völlig in seinen Bann schlagen kann, andererseits die Erkenntnis, dass es sich letztlich um ein harmloses, alltägliches oder zumindest nicht ungewöhnliches Phänomen handelt, das diese Angst in keiner Weise rechtfertigt. Man weiß es, kann aber nichts dagegen tun.

Zwangsbefürchtungen wechseln je nach Zeit

Häufigkeit und Inhalt, d.h. Thema und Gegenstand von Zwangsbefürchtungen wechseln mit den jeweiligen kulturellen, politischen, vor allem aber gesellschaftlichen Bedingungen. So kannte man früher über 200 Phobien, von denen sich aber nur die wenigsten erhalten haben - glücklicherweise. Aber glücklicher sind wir deshalb nicht geworden.

Heute schmunzeln wir zwar über die Dromosiderophobia, die Angst vor funkensprühenden Lokomotiven, bekommen aber dafür Probleme im Flugzeug. Und ganz köstlich finden viele die Peccatophobia, die Angst eine Sünde zu begehen. Früher ein ernstes Thema, was so manchen Betroffenen in Verzweiflung getrieben hat.

Heute sind es dafür Zwangsbefürchtungen vor Krebs, Alzheimer, Aids usw. Nach wie vor aktuell ist die Angst vor weiten oder geschlossenen Räumen, vor Tieren (vor allem Hunde, Mäuse, Pferde, Würmer, Schlangen und die erwähnten Spinnen, die offenbar die Tier-Phobien dominieren). Oder die Angst vor natürlichen Erscheinungen wie Gewitter, Blitzschlag, Dunkelheit, Feuer, Wasser und der Höhenschwindel. Und die erwähnten "modernen" Zwangsbefürchtungen. Eine große Rolle spielen nach wie vor die Angst vor Menschenmengen sowie - verstärkt - vor dem Versagen im Beruf oder Bett. Und immer öfter vor dem Versagen lebenswichtiger Organe, insbesondere des Herzens.

Wissenschaftliche Einteilung

Wissenschaftlich ordnet man die Zwangsbefürchtungen heute nur noch in einige wenige Gruppen ein: die Agoraphobie (früher Platzangst) als Überbegriff für zahlreiche Ängste, die sich psychologisch vor allem auf die Vermeidung von Situationen beziehen, in denen es besonders unangenehm oder gefährlich sein könnte, einen Angstanfall zu bekommen. Folge: Rückzug und Isolationsgefahr. Im weiteren die spezifischen Phobien, die alle übrigen Angstauslöser umfassen und schließlich die soziale Phobie, die Angst vor anderen Menschen im Sinne krankhafter Schüchternheit.

Und was kann man tun?

Was kann man tun? Das hängt vom Einzelfall ab. Auf jeden Fall sollte man sich nicht seinen Ängsten beugen, sondern Widerstand leisten. Sonst drohen Vermeidungsverhalten ð Rückzug ð Isolationsgefahr ð noch mehr Ängste. Das Wichtigste aber ist das Erkennen solcher krankhafter Ängste und dann - fast noch wichtiger - das Anerkennen, das Akzeptieren. Das ist in unserer "Ellbogen-Gesellschaft", in der nur Durchsetzungsfähigkeit, Erfolg, Power usw. gelten, besonders schwierig. Aber es ist die einzige Möglichkeit, dann auch den nächsten Schritt zu tun: Zuerst seinen Hausarzt, schließlich ggf. den Psychiater und/oder Psychologen aufzusuchen. Und diese entscheiden dann über den weiteren Behandlungsverlauf.

Der besteht in der Regel in einem Gesamt-Behandlungsplan. Der Schwerpunkt liegt auf der Psychotherapie (bei Angststörungen immer häufiger Verhaltenstherapie) sowie ggf. einer Pharmakotherapie. Tatsächlich gibt es inzwischen zahlreiche Psychopharmaka (also Arzneimittel mit Wirkung auf das Zentrale Nervensystem und damit Seelenleben, in diesem Falle meist stimmungsaufhellende Antidepressiva), die die Psychotherapie effektiv unterstützen, ohne süchtig zu machen. Und es gibt natürlich viele Selbstbehandlungsmöglichkeiten, die parallel laufen sollten, um nicht die Eigeninitiative verkümmern zu lassen. Außerdem gibt es immer mehr Selbsthilfegruppen, praktisch in jeder Region oder größeren Stadt, bei denen man sich wichtige Tipps holen kann, gleichsam vom "gelebten Experten".

Schlussfolgerung

Angststörungen im Allgemeinen und Zwangsbefürchtungen im Speziellen nehmen zu. Das ist die schlechte Botschaft. Es wachsen aber auch die Möglichkeiten, damit besser fertig zu werden als früher. Das ist die gute, die uns hoffen lässt (Prof. Dr. med. Volker Faust).

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).